Manfred Paul – Lebenszeichen Verena

8. März – 13. April, 2025

Do bis Sa 12 – 18 Uhr

Eröffnung: Samstag, 8. März 2025 | 15 – 19 Uhr

 

Grenzüberschreitung der Zeugenschaft

Text von Sassa Trülzsch

 

Seine Hände zerbrechen eine Barriere, sie reichen zu ihr hinüber, berühren sie, halten sie zärtlich, sind beschäftigt. Zugleich, weil sie hier die Hände des Künstlers sind, verleihen sie ihre Aufgabe, die eigentlich allein darin läge, das Bild zu gestalten und zu beherrschen, zu dem Zweck, ihr, dem Modell, seinem Gegenüber, der Geliebten, seine fühlenden Hände als symbolhaftes Attribut zu überlassen. Denn in diesem Bild gehören sie ihr, als Beiwerk einer Hauptfigur. Im Strom des Vergehens aller Dinge rahmen sie ihr Gesicht in diesem herausgerissenen Moment verewigter Innigkeit und Schönheit. "Als analoger Handabzug gekennzeichnet", "von Manfred Paul unterschrieben", also Kriterien, um zu beweisen, es handle sich um ein wirkliches Unikat, werden in diesem Porträt Verenas von 1971 leibhaftig und verdichten sich zum Gleichnis, zum sprachlichen Bild. Manfred Paul übersetzt seine Urheberschaft und seine Signatur in eine poetische Bilderfindung, die die Grenze zwischen Künstler und Modell überschreitet.

Das oben beschriebene Bild steht nicht für sich allein. Wir sehen es in seiner zweiten Einzelausstellung in der Galerie LOOCK und dort als Teil einer Werkserie mit dem Titel "Lebenszeichen Verena". Es ist ein Werküberblick in einem einzigen Motiv: Seine Frau Verena in Lebensmomenten, als Gebärende, als Tänzerin, als Künstlerin, als Geliebte, als sein Gegenüber, porträtiert seit 1971 über die Dauer von mehr als 40 Jahren, im Ausdruck unterschiedlichster Emotionen, Wandlungen und im Prozess des Alterns. Diese Bilder sind Ikonen, ebenso wie die Stadtbilder und die hervorragenden Stilleben, die sich in Manfred Pauls Schaffen finden lassen. In subjektivster Sachlichkeit und in erkenntnisreichster Melancholie sehen wir in der Ausstellung; -  übersetzt durch den Künstler, was es bedeutet, Zeit zu haben, Zeit zu messen, Zeit auszugeben und Zeit zu sammeln.

 

Ackerstr. 171, 10115 Berlin