Michael Kalmbach – Arcangelo

03. März - 14. April 2012

 

Die Ausstellung „Arcangelo“ wird im Anschluss als Teil der umfangreichen Werkschau von Kalmbach vom 11. Mai bis zum 05. August 2012 in der Kunsthalle Mainz zu sehen sein.

 

So wie Märchen zumeist schön und traurig in einem sind, verbinden Kalmbachs ambivalente Installationen das Schöne und das Unheimliche. Sie sind erzählerisch, lassen dem Betrachter aber genügend Freiräume, die Geschichten mit der eigenen Fantasie anzureichern. Die Skulpturen verbinden sich zur Szenerie, zum reizvollen, begehbaren Gesamtkunstwerk, zur surrealen Bühnenerzählung. Der Betrachter wird zum Regisseur. Seine gemachten Erfahrungen und individuellen Eindrücke zum Drehbuch.

 

Die als Mobilé von der Decke hängenden Figuren suchen und finden Halt, verändern langsam, aber stetig ihre Positionen und werden vom Umfeld kindlich oder religiös aufgeladen – je nachdem, welche Lichtverhältnisse vor Ort herrschen und davon abhängig, wie viele und welche Personen sich im Ausstellungsraum befinden. Gesten werden zu Erzählungen, Kinder zu Kriegern, Bälle zu Kanonenkugeln und zu ganzen Planeten. Die Gefahr des Fallens und Abdriftens ist ständig präsent.

 

„Der kleine Prinz“ trifft Giacometti. Comic-Charaktere treffen auf zutiefst menschliche Befindlichkeiten. Die Grenzen zwischen Naivität, Unschuld und Zukunftsängsten sind fließend. Allen Frust der Welt auskotzende Zeitgenossen treffen auf die – laut Titel – in den Himmel steigende Seele des Motorradfahrers. Biografisches, Anekdotisches und Ausgedachtes gehen ineinander über. Symbolhaft halten sich Mann und Frau in Balance. Aus den Oberflächen der Pappmaché-Planeten schälen sich Einzelschicksale in Form von einzelnen Zeitungs-Gesichtern heraus.

 

Indem Michael Kalmbach auf die farbliche Gestaltung verzichtet und die Oberfläche der ausgehärteten grauen Papierschnipselkörper unbemalt lässt, betont er deren materialästhetische Wirkung und deren flüchtigen, skizzenhaften Charakter. Durch die farbliche Reduktion wird der Betrachter motiviert, die Form und die Aura des Materials zu fokussieren. Die auf den Oberflächen sichtbaren Buchstaben der verwendeten Zeitungs-Schlagzeilen werden zu Sommersprossen und Denkfalten.

 

Marko Schacher

Auszug aus dem Essay „Die Poesie der Stille“ zu Kalmbachs Ausstellung im Kunstverein Ludwigsburg im Mai bis Juni 2011.

 

Michael Kalmbach, geboren 1962 in Landau, Pfalz, lebt und arbeitet in Berlin. Von 1983-89 studierte er an der Städelschule in Frankfurt am Main. Kalmbachs Arbeiten wurden in Ausstellungen im Museum für Moderne Kunst in Frankfurt am Main, im Museum für Gegenwartskunst in Basel und im Kunstverein Ludwigsburg. 1999 erhielt er den Karl-Ströher-Preis. Dieses Jahr werden seine Werke in der Kunsthalle Mainz und im Kunstmuseum Basel ausgestellt.