York der Knoefel – Frühe Fotografien

19. Oktober 2012 - 26. Januar 2013

Die Loock Galerie freut sich nach nunmehr 25 Jahren frühe fotografische Arbeiten von York der Knoefel zu zeigen und das umfangreiche Material zum Schlachthaus Berlin zum ersten Mal zu präsentieren. Jörg Knöfel trat Mitte der 80iger Jahre mit seiner Serie „Charlotte“ in Erscheinung, die im "Entweder Oder", eine der bedeutendsten illegalen Zeitschriften der DDR, veröffentlicht wurde und die Longest Stein gemeinsam mit anderen Portraits und einer Serie von U-Bahn Bildern 1986 im Kulturhaus Treptower Park zeigte. Über diese Serie äußerte sich Knöfel in einem Interview 1993: „Ich weiß nur, warum ich Charlotte fotografiert habe. Es war der Ekel davor, was sich damals als Underground Kunst etablierte. Jeder hat versucht, seine Befindlichkeit nach außen zu schmeißen. Für mich ohne Ergebnis.“ Von 1986 – 1988 fotografierte Knöfel im Fleischkombinat Berlin: „Mit den Bildern vom Schlachthaus wollte ich die Fotografie aus dem Glasrahmen bringen, aus ihrer damaligen Art im Osten, das Medium zu benutzen.

(...) Schlachthaus hat mich an meine Grenzen gebracht. Es war zwar nicht am Anfang schon als Installation gedacht. Aber ich war belastet. Ich wollte damals auch Antihaltung produzieren. Es war ein Produkt der Belastung.“ „Schlachthaus Berlin“ ist in der aktuellen Ausstellung „Geschlossene Gesellschaft, Künstlerische Fotografie in der DDR 1945-1989“ in der Berlinischen Galerie zu sehen und Gabriele Muschter schreibt im Katalog zur Ausstellung: „Als eine Antwort auf die Brutalität des Menschen gegenüber der Kreatur kann man die Bildfolge und Installation Schlachthaus Berlin interpretieren. (...) Um seine Erlebnisse künstlerisch umzusetzen, reichte ihm eine herkömmliche Bildpräsentation schon bald nicht mehr aus. Deshalb entschied er sich bei der Arbeit Schlachthaus Berlin für eine groß angelegte Installation in Form eines Labyrinths. (...) Der Betrachter wird durch ein enges Labyrinth geführt und dabei mit der Grausamkeit des Tötens konfrontiert.“

Während in der Berlinischen Galerie die originale Installation zu sehen ist, wird in der Loock Galerie zusätzliches Material gezeigt, welches Aufschlüsse darüber gibt, wie umfassend und intensiv sich Knöfel mit dem Prozess des Tötens beschäftigt hat, welches schockierend aber zugleich auch als Normalität dargestellt wird.

Neben dem großen Themenkomplex des Schlachthofes, sind in der Loock Galerie mehrere Portraitserien zu sehen, die Knöfels inhaltliches Anliegen in seinem gesamten künstlerischen Schaffen Ausdruck verleihen: die Frage der Etablierung von Identität eines Individuums innerhalb seines gesellschaftlichen Rahmens. Meine Zusammenarbeit mit Knöfel begann 1992, einer Zeit in der sich Knöfel mit Installationen und Malerei Ausdruck verschaffte und seinen Namen in York der Knoefel änderte, wohl auch um einen Bruch mit seiner Kariere als Fotograf zu beschreiben. Trotz dieses Bruches führten ihn seine künstlerischen Arbeiten in großen Kreisbewegungen immer wieder zu der zentralen Frage nach dem Verhältnis von Individuum und Gesellschaft zurück. So zum Beispiel in der Videoinstallation „Thoughts“ von 1996, die im Hamburger Bahnhof zu sehen war, in der 300 New Yorker ihre aktuelle Gedankenwelt beschrieben. Im Jahr 2000 fand Knöfel wieder zum fotografischen Medium zurück und portraitierte die erste Klasse seines Sohnes und präsentierte sie im 1:1 Format in der Wohnmaschine. Die letzte Videoinstallation „Synapsen“ von 2005 thematisiert in einer 6 Kanal Collage die Frage nach der weiblichen Identität. Nach dieser Arbeit widmete er sich wieder der Malerei und Zeichnung.

Vor einem Jahr starb York der Knöfel überraschend an einem Herzinfarkt.

Friedrich Loock