Sibylle Bergemann und Martin Parr – Golden Hearts

27. September – 21. Dezember 2018

Eröffnung: 26. September 2018 | 19–21Uhr

 

Die Ausstellung „Golden Hearts" zeigt mit Sibylle Bergemanns „Clärchens Ballhaus" (1976) und Martin Parrs „Yates´s Wine Lodges" (1983) zwei bedeutende Zeitdokumente im Dialog. Künstlerisch spezifisch und das Verhältnis individueller Existenz in der Gesellschaft dokumentierend, richten Bergemann und Parr ihre Kamera auf ihr jeweiliges Umfeld. Die Kneipe, das Café und das Ballhaus sind Orte vielschichtiger sozialer Begegnungen und in der Alltagskultur fest verankert. Geselligkeit, Heiterkeit und Vergnügen stehen Tristesse, Zerstreuung und Vereinsamung gegenüber. Politische Systeme und gesellschaftliche Strukturen bedingen einander und überformen die Lebens- und Ausdrucksformen der Menschen in ihrer Kultur. 

Bergemann fotografiert 1976 im sozialistischen Ost-Berlin Gäste in dem seit seiner Errichtung 1895 legendären Ballhaus in Mitte. Schon Franz Biberkopf in Alfred Döblins Roman „Berlin Alexanderplatz" (1929) suchte hier sein Vergnügen und auch zu DDR-Zeiten war das Ballhaus Treffpunkt von Berlinern verschiedener sozialer Herkunft sowie, nicht zu vergessen, auch Gästen aus dem Westen der Stadt. West-Berliner konnten damals mit dem Tagesvisum einreisen, mussten vor Mitternacht ausreisen und kamen dann noch in derselben Nacht zurück, um weiter zu „schwofen“. Die Serie wurde – soweit derzeit bekannt - 1987 erstmals im Reiseführer „Berlin – Hauptstadt der DDR. Ein Reiseverführer“ (Greifenverlag) publiziert und 2009 in der Ausstellung Ostzeit (Haus der Kulturen der Welt, Berlin) sowie 2017 in Sibylle Bergemann – Eine retrospektive Werkschau (Reinbeckhallen, Berlin) gezeigt. In der Loock Galerie wird die Serie jetzt erstmals mit bisher unveröffentlichten Motiven präsentiert.

Martin Parr fotografiert wenige Jahre später die älteste Kette britischer Pubs, die Yates’s Wine Lodges in Nordengland. Ihr Firmengründer Peter Yates (1854–1944) hatte damals das Motto „Mäßigung ist wahre Enthaltsamkeit“ ausgegeben. Sein Ziel war es, australischen Wein in Großbritannien bekannt zu machen und gleichzeitig Vollkornmehl, Sardinenkonserven und Tee zu verkaufen, um gesunde Lebensmittel auch für die Arbeiterschicht verfügbar zu machen. Als Parr 1983 alle Pubs der Kette dokumentierte, waren die meisten Interieurs noch viktorianisch geprägt. Ihre Beliebtheit schwand in den frühen neunziger Jahren und als sie 2005 von der Laurel Pub Company übernommen wurden und in ganz Großbritannien expandierten, ging die traditionelle Atmosphäre vollständig verloren. Die Serie wurde 2016 von Cafe Royal Books (Auflage 500) publiziert und wird 2018 erstmalig außerhalb Großbritanniens in der Loock Galerie gezeigt.

 

Werke von Sibylle Bergemann befinden sich in folgenden privaten und öffentlichen Sammlungen: Art Collection Deutsche Börse, Frankfurt; Berlinische Galerie, Berlin; Centre Régional de la Photographie Nord Pas-de-Calais; Musée de l’Elysée, Lausanne; Museum of Modern Art, New York;  DZ Bank, Frankfurt am Main; Sammlung F. C. Gundlach, Hamburg; JPMorgan Chase Art Collection, New York; Pinakothek der Moderne, München; Sprengel Museum, Hannover; Tate Modern, London, u.a.

 

Martin Parrs Werke sind unter anderem in folgenden öffentlichen Sammlungen vertreten: Getty Museum, Malibu; Irish Museum of Modern Art, Ireland; Museum Folkwang, Essen; Museum of Modern Art, New York; Museum of Modern Art, Tokyo; National Centre for Contemporary Arts, Moscow; San Francisco Museum of Modern Art; Sprengel Museum, Hannover; Stedelijk Museum, Amsterdam; Tate Modern, London.

 

Kuratiert von Katia Reich

Eine Ausstellung im Rahmen des Europäischen Monats der Fotografie Berlin.