Kaoru Usukubo | Hannes Beckmann (1909–1977)

09. Juli – 27. August 2016

Eröffnung: Freitag, 08. Juli 2016 | 19–21 Uhr

 

Mit den Malereien der japanischen Künstlerin Kaoru Usukubo und ausgewählten Schwarzweiß-Fotografien des deutsch-tschechischen Künstlers Hannes Beckmann stehen sich zwei bedeutende Werke gegenüber, die in diesem Dialog erstmals in Deutschland gezeigt werden.

Usukubo bedient sich im Entstehungsprozess ihrer Malereien auch digitaler Medien und setzt sich inhaltlich mit unseren Vorstellungen von abstrakten Themen, wie Vergangenheit und Zukunft auseinander: Aspekte von metaphysischer Tragweite, die unser Bewusstsein nur schwer fassen kann. Sie reflektiert in den fragmentarisch-collageartigen Gemälden die Funktionen und Mechanismen unserer Gedanken, Erinnerungen und Assoziationen. Es werden Situationen evoziert, die weder der Realität, noch der Traumwelt zuzuordnen sind.

Usukubos Malereien treten mit Beckmanns Fotografien hauptsächlich durch die Betonung geometrischer Strukturen in ein Zwiegespräch. Beide Werke bedienen sich repräsentativer Darstellungen, Symbole und freier Formen, die verschiedene Assoziationen beim Betrachter wecken. Beckmann, welcher erst 1934 nach Prag floh, studierte bis dahin unter Kandinsky, Klee und Albers an der Bauhaus Schule in Dessau – sein künstlerisches Schaffen ist somit fest mit der Bauhaus Tradition verbunden. László Moholy-Nagy, der durch seine Experimente in der Fotografie das „Neue Sehen“ und damit den Bauhaus-Stil prägte, gilt ebenfalls als wichtiger Einfluss für Beckmann. Fotografen des Bauhaus experimentierten mit Fotogrammen, Collagen und Mehrfachbelichtungen und wählten ungewöhnliche Perspektiven und Ausschnitte. Usukubos Schaffen ist ebenso wie das von Beckmann vor allem von strukturellen Entscheidungen geleitet. Seien es Spiegelungen auf einer Flüssigkeit, eine Porzellan-Figur, die zwischen Stecknadeln auf Wellpappe steht oder wie bei Usukubo die verschiedenen Bildschichten, die in einem technisch-digitalen Prozess entstehen. Beckmann bildet in seinen Fotografien technische Werkzeuge und wissenschaftliche Instrumente ab, sowie Usukubo die Technik als Thema aufgreift.

Auf den großformatigen Ölmalereien „HH object 34“ und „HH object 47“ sind jeweils Kindergestalten zu erkennen, umwickelt, beinahe gefesselt von Plastikschläuchen. Während eines der beiden Motive ein reg- und machtloses Kind, dem eine Plastiktüte auf den Kopf gestülpt wurde, darstellt, zeigt die nebenstehende Arbeit ein aktiveres Wesen. Beide Arbeiten wirken bedrückend, doch hier wird ein Kind gezeigt, dass mit Schläuchen spielt. Wird es vielleicht gerade mitten in einem missglückten Experiment abgebildet? Mit der Entwicklung der Wissenschaft werden auch unsere Versuche kühner, des Menschen Sinne und Fähigkeiten künstlich zu steigern. Wie hoch entwickelt unsere Werkzeuge auch sein mögen, das Limit ist immer die eigene Fähigkeit: der Mensch, der sich dieser Werkzeuge bedient. „Hence, many people think that, if we expand ourselves, we would be able to perform even better. The expansion of human abilities has been and will be a big issue“*, so die Künstlerin, die vorsichtig darauf hindeutet, dass in unserem Verlangen auch eine Gefahr steckt. Die Kinder werden zum Sinnbild der Menschheit – gefangen in ihrem Begehren einer virtuellen Realität. 

Kaoru Usukubo (*1981 Tochigi, Japan) lebt und arbeitet in Tokio. Neben mehreren Ausstellungen in der Loock Galerie, wurden ihre Arbeiten unter anderem auch im Kunstverein Friedrichshafen, Ueno No Mori Museum of Art (Tokio), Mot/Arts (Tapei), Onward Gallery Nihonbashi (Tokio) und Next 2008 Art Fair (Chicago) gezeigt.

Hannes Beckmann (*1909 Stuttgart - †1977 Hanover, USA) emigrierte nach Ende des Krieges nach New York und wurde Leiter der Photographischen Abteilung des Guggenheim Museums. Sein Werk ist heute im Bestand mehrerer Sammlungen unter anderem etwa des Museum of Fine Arts (Boston), Solomon R. Guggenheim Museum (NY), Busch-Reisiger Museum (Harvard University), Bauhaus Archiv, Berlin und wurde von zahlreichen internationalen Institutionen ausgestellt. 

*Kaoro Usukubo: Interview geführt durch Friedrich Loock (2016)